Prof. Dr. med. Ingo Sobottka, Hamburg: „Eine etwas andere römische Geschichte. Neue Erkenntnisse über Krankheit, Wahn und Tod bei römischen Kaisern“

Herr Dr. Hartmut Kreutzer, München: „Halbgötter als Schutzpatrone der Polis – Heroenmythen im Spiegel altgriechischer Münzbilder“

Handout zum Vortrag:

Münzkunst im Kleinformat Syrakusanisches Kleinsilber in der „Periode der signierenden Künstler“

Bekanntermaßen gehören die im letzten Viertel des 5. und zu Beginn des 4. Jahrhunderts in Syrakus geprägten Vierfach- und Zehnfachdrachmen (Tetradrachmen und Dekadrachmen) zum Schönsten, was antike Stempelschneider geschaffen haben. Weniger bekannt ist, dass in diesem als „Periode der signierenden Künstler“ bezeichneten Zeitraum in Syrakus in großem Stil auch kleinere Silbermünzen ausgegeben wurden, die – was die Technik des Stempelschnitts und die künstlerische Gestaltung der Münzstempel angeht – den Großsilbermünzen in nichts nachstanden. Insgesamt lassen sich rund 70 verschiedene Stempelvarianten ermitteln, die sich auf fünf Wertstufen verteilen. Im Währungssystem von Syrakus kann man in der fraglichen Zeit ein klar strukturiertes Stufensystem der Nominale erkennen, wobei der Münzwert durch unterschiedliche Bildmotive der Rückseiten kenntlich gemacht wird: eine Quadriga für die Vierfachdrachmen und die Halbdrachmen, ein Krieger für die Drachmen, ein Oktopus für die Litren und die Viertellitren sowie ein Wagenrad für die Halblitren. Inschriften, die als Künstlersignaturen gedeutet werden können, finden sich – anders als beim zur gleichen Zeit geprägten Großsilber – beim Kleinsilber nur in ganz wenigen Ausnahmen. Gleichwohl lässt sich bei diesen kleineren Münzen aufgrund stilistischer Übereinstimmung der Münzbilder mit denen der Vierfachdrachmen klar erkennen, dass auch sie zeitlich in die fragliche Periode gehören.

Ausgewählte Literatur:

P. lederer, Syrakusanisches Kleingeld im 5. Jahrhundert v. Chr., Berliner Münzblätter No.119 (1911), S. 493 – 495, 517 – 523, 542 – 548, 563 – 572.

L. Mildenberg, Von der Kunst der griechischen Kleinmünzen, Festschrift für Dr. Erich Madsack,Hannover 1964; Nachdruck in Leo Mildenberg – Vestigia leonis, Studien zur antiken Numismatik Israels, Palästinas und der östlichen Mittelmeerwelt, Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1998, 101- 104.

Herr Dr. Krmnicek, Tübingen: Nummi loquuntur – Roms sprechende Münzen?

Am 20. 01. 2015 wurde der erste Vortrag im neuen Jahr vom aufstrebenden Berufsnumismatiker Herrn Michael Herrmann M.A., München, gehalten. Er sprach über die „Münzprägung der Herzöge von Andechs Meranien 1180 bis 1248“. Zunächst wurde sehr anschaulich die Geschichte des Hauses Andechs Meranien geschildert. Nach erster Erwähnung als Grafen von Haching im 11.Jahrh. erfolgten Ausweitung und Stabilisierung des Einflusses im 12. Jahrhundert nach Tirol, Franken, Krain und Passau. Nach Aufstieg in den „Reichsfürstenstand“ und baldiger Übertragung der Herzogswürde, wurde mit dem Königsmord in Bamberg im Jahre 1208 der langsame Fall des Geschlechtes eingeleitet. 1247/1248 sind schließlich nur gesicherte Herrschaftszentren in Franken und Tirol festzustellen. Nach Veranschaulichung der historischen Situation auf einer Karte, ging der Referent auf die Münzgeschichte der Andechs Meranier im fränkischen und tiroler Raum sowie in Krain ein. Dabei präsentierte er dreizehn Prägungen von Pfennigen, die er anhand unterschiedlicher Kriterien auf die Richtigkeit ihrer Zuweisung untersuchte. Dabei stellten sich einzelne bisherige Zuweisungen als falsch oder zumindest zweifelhaft dar. Andere konnten dagegen zweifelsfrei belegt werden. Schwierig gestaltete sich die Beurteilung der Prägetätigkeit im fränkischern Raum. Zumindest besaßen dort die Andechs Meranier keine Prägestätte. Bei Bamberger Prägungen um 1232/34 handelt es sich wohl um Pfennige des Egbert von Andechs, der zu dieser Zeit das Amt des Bischofs von Bamberg bekleidete. Ein runder, interessanter Vortrag über Prägungen des Mittelalters!

 

Hr. David Biedermann, M.A., Münster: „Bärtige Machthaber im Rom des ersten Jahrhunderts v. Chr.“

Am 16.12.2014 referierte Herr David Biedermann, M.A. vom Deutschen Institut für Archäologie in Berlin über das Thema „Bärtige Machthaber im Rom des ersten Jahrhunderts v. Chr.“. Bärte sind seit jeher eine Art Instrument der Selbstdarstellung. Trug man in der frühen Antike regelmäßig Bart, so war ab Alexander d.Großen die Rasur üblich. Trotzdem sind auf Münzen immer wieder Herrscher zu beobachten, die bärtig dargestellt werden. Die Literatur ging bisher stets davon aus, dass bärtige Portraits der Antike als Ausdruck einer Trauer gelten. In Münzbeschreibungen ist häufig der Ausdruck „Trauerbart“ zu finden. Anhand der Beispiele von Marcus Junius Brutus, Octavian und Marc Anton wies der Referent nach, dass die Theorie des Trauerbartes bei den Portraits dieser Herrscher nicht haltbar ist. Die Gründe der Darstellung mit Bart sind unterschiedlich: im Falle des Brutus dürfte er Ausdruck von dessen republikanisch freiheitlicher Gesinnung sein, im Falle des Octavian dient der Bart vielleicht der Unterstreichung seiner Jugendlichkeit und im Falle des Marc Anton könnte er als Rachebart interpretiert werden. Der Bart als Attribut vermittelt jedenfalls unterschiedliche Aussagen – die Bildsprache ist nicht eindeutig. Eine Monokausalität ist in keinem Fall gegeben.

Nach dem Vortrag wurde die traditionelle Tombola der BNG zum Jahresabschluß durchgeführt. Es konnten zahlreiche, vom Münchner Münzhandel gestiftete Preise verlost werden. Der Abend klang mit einem kleinen Umtrunk und interessanten Gesprächen aus.

Wilhelm Müseler, Frankfurt: „Zur Lykischen Münzprägung“

Am 18. November erfreute Herr Dr.Wilhelm Müseler von der Fa. Dr. Busso Peuss Nachf. in Frankfurt a.M. mit einem Vortrag zur lykischen Münzprägung. Der Vortragende widmete sich ausführlich den Münzprägungen im Westen der südanatolischen Landschaft Lykien in den letzten drei Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts vor Christus. Vor dem Hintergrund des Fehlens einer kohärenten literarischen Überlieferung zur Geschichte der Region verglich er den sehr umfangreichen numismatischen Befund mit den Aussagen einer Reihe von historisch bedeutsamen Inschriften der fraglichen Zeit aus dem Xanthos-Tal. Im Ergebnis gelangte er zu einigen recht detaillierten Aussagen über die politischen Machtverhältnisse und die inneren Konflikte in Lykien als Ausdruck der Auseinandersetzung zwischen Athenern und Spartanern und der griechisch-persischen Rivalität gegen Ende des großen Peloponnesischen Krieges

Am 21. Oktober 2014 trug Herr Dr. Wilhelm Hollstein, Stellvertreter des Direktors und Oberkonservator am Münzkabinett zu Dresden, zum Thema „Hannibal und Q. Fabius Maximus – Münzpropaganda zu Beginn des zweiten Punischen Krieges“ vor. Dabei stellte er fest, dass der Fragenkomplex „Verantwortlichkeit für die Auswahl der Münzbilder“ sowie „Aktualität der Münzbilder“ für die römische Münzprägung des 3. Jahrhunderts v. Chr. von der Forschung bisher weitgehend ausgeblendet wurde. Einerseits wird den Münzbildern keine große Bedeutung zugemessen und lediglich von „public types“ gesprochen, andererseits soll aber einigen Konsuln, zumeist bedeutenden politischen Persönlichkeiten, aufgrund ihrer großartigen militärischen Leistungen das Recht zugestanden worden sein, die Themen der Münzbilder vorzugeben. Daher ist grundsätzlich in der frühen römischen Münzprägung des 3. Jahrhunderts v. Chr. mit mehr personengebundener und aktueller Thematik zu rechnen als bisher angenommen. Herr Dr. Hollstein arbeitet in seinen Ausführungen einen weiteren Beleg für diese These heraus. Auffälligerweise spielt auf in Spanien vor Ausbruch des 2. Punischen Krieges geprägten karthagischen Münzen sowie auf römischen Bronzemünzen zu Beginn des 2. Punischen Krieges Herakles-Melqart bzw. Herkules eine herausragende Rolle. Schließlich wird die Hercules-Thematik mit Hannibal und Q. Fabius Maximus (Diktator 217) in Bedeutungszusammenhang gebracht und in die historische Situation eingebunden. Ein anspruchsvoller und interessanter Vortrag, der bei zahlreichem Publikum großes Interesse erweckte

Am 23. September 2014 trug Frau Dr. Herta Schwarz, München, über „Neugriechische Münzen und Banknoten seit Otto I.“ vor. Nach einer kurzen historischen Einführung, bei der festgestellt wurde, dass Griechenenland bis zu seiner Befreiung von den Osmanen in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts nie über ein eigenständiges, nationales Staatsgebiet verfügte, wurde ein Überblick über die Chronologie der Münzpägung in der Neuzeit gegeben. Während die Münzen aus der Revolutionszeit Freiheitssymbole wie den dem Feuer entsteigenden Phönix zeigen, unterscheiden sich die Prägungen unter dem Wittelsbacher Otto in Stil und Form kaum von den damals in Europa kursierenden Münzen. Das blieb auch unter seinem Nachfolger Georg I. so. Ausnahmen bildeten die Prägungen während des Balkankrieges 1911/12, die mit ihren Reversdarstellungen mit Bezug auf die griechische Antike propagandistisch Gebietsansprüche manifestierten. In der 2. Republik werden Gebietsansprüche im Rahmen des Krieges gegen die Türkei in ähnlicher Weise durch Bezüge auf die Antike und Wiederholung des Phönix-Themas auf Münzen dargestellt. Während Paul I. weitgehend konservativ prägen ließ, weichen auf dem Revers der Münzen seines Nachfolgers Konstantin II. die anfänglichen Wappendarstellungen wieder dem Phönix. Die sog. „Obristenausgaben“ und die Hochzeitsmünze Konstantins bilden bemerkenswerte Ausnahmen. Letztere zeigt mit dem orthodoxen Doppeladler den einzigen numismatischen Bezug auf die für Griechenland so wichtige Orthodoxie. Die Münzmotive der dritten Republik beziehen sich wieder auf Antike und Freiheitskampf. Man blendet ca. 1000 Jahre Geschichte, nämlich die von Byzanz, einfach aus. Ein 100 Drachmen-Stück mit dem Bildnis von Alexander d. Großen dient während der Makedonienkrise Anfang der 1990er Jahre wieder der Propaganda und der Manifestierung von Gebietsansprüchen. Auch die Europrägungen beziehen sich nur auf Antike und Freiheitskampf. Eine wesentliche Klammer des griechischen Volkes, die Othodoxie, lassen sie einfach aus. So wenden sich diese Münzen genau wie die letzten Prägungen in Drachmenwährung nicht an die eigene Bevölkerung sondern an Europa, um zu propagieren, wo die Demokratie ihren Ursprung hatte. Leider entspricht das nicht dem Empfinden der griechischen Bevölkerung, die nie eine Vorstellung von einem funktionierenden Staatswesen hatte, dem man verpflichtet war. Auch heute rangieren der Klan, die Familie und die Religion weit vor staatlichen Forderungen. Ein informativer Vortrag mit hoch aktuellem Bezug

Am 22. Juli 2014 sprach Herr Wolfram Tillack, Vorstandsmitglied der BNG und engagierter Sammler, über „Das Geld mit dem Maximinus seinen letzten Waffengang in Europa bezahlte?„. Das Fragezeichen hinter dem Titel zeigt bereits, dass Herr Tillack mit seinen Ausführungen versuchte, die Frage des Auftraggebers der Münzprägung in der Münzstätte Heracleas zwischen 311 und 314 auf Grundlage neuerer Erkenntnisse neu zu bewerten. Die Münzstätte liegt am Rande Europas genau im geographischen Mittelpunkt der Interessenssphären des Ostens und des Westens und durchlebte somit die Bürgerkriegskämpfe zwischen Maximinus und Licinius in wechselnder Herrschaft. Dabei leistete die Münzstätte einen Beitrag zur Finanzierung der Heere dieser Zeit. Der Referent betrachtete die Zuordnung der selteneren Münzemissionen der angeblichen kurzen Besetzung durch Maximinus in einer Verschmelzung östlicher und westlicher Reversmotive und kam unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Analysemethoden u.a. zu dem Schluß, dass der Londoner Katalog „Roman Imperial Coinage“ (RIC) zum betrachteten Zeitraum 25 neue Münztypen aufnehmen und die dort dargestellte Prägeabfolge korrigieren müßte. Ein interessanter und engagierter Vortrag für Kenner der Materie

Am 24. Juni 2014 referierte Herr Prof. Dr. Johannes Nollé aus München über das „Weinland Kleinasien – Anmerkungen zu Weinanbau und Weinkultur im antiken Kleinasien“. Dass das antike Kleinasien eine der wichtigsten Weinregionen des Mittelmeerraumes war, bezeugen auch viele Münzen, die die dortigen Städte prägten. Diese Münzen geben Auskunft über wichtige Anbaugebiete und Weinexport, über die Verwendung von Wein, z.B. für medizinische Zwecke, über Schädlinge des Weinanbaus, über die gesellschaftliche Rolle, die der Wein und der mit ihm verbundene Dionysoskult in den Städten spielte und über die Rolle des Weins in der Religion. All diese Aspekte untermauerte Prof. Dr. Nollé mit Interpretationen von Darstellungen auf Münzen der antiken Städte Kleinasiens, zitierte aus Texten antiker Schriftsteller und gab Erläuterungen dazu. Ein gekonnt gehaltener, kurzweiliger und fundierter Vortrag!