Das ursprünglich für den 14. Dezember 2010 geplante Thema „Erinnerungen eines alten Münzfreundes – Prof. Dr. Hans-Jörg Kellner erzählt aus seinem numismatischen Leben“ konnte wegen Erkrankung des Referenten leider nicht ausgeführt werden. Die Feier zu seinem 90. Geburtstag mußte ohne den Jubilar stattfinden. Nachdem Herr Dr. Hirsch von der Staatlichen Münzsammlung München die auf den 90. Geburtstag von Prof. Dr. Kellner
alt geprägte Silbermedaille vorgestellt hatte, referierte Herr Dr. Hartmut Kreutzer vor mehr als sechzig Personen zum Thema:

„Flußgott und Nymphe auf den Didrachmen von Kamarina“. Kamarina hat unter den Griechenstädten Siziliens neben dem mächtigen Syrakus und dem prächtigen Akragas die reichste Münzprägetätigkeit entfaltet. In der Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. von den Syrakusanern gegründeten, im Süden der Insel gelegenen Dorerstadt wurden bis zu ihrer Eroberung durch die Karthager im Jahr 405 v. Chr. zahlreiche Münzen von hoher künstlerischer Qualität geprägt. Dazu gehören auch die Zweidrachmenstücke aus dem späten 5. Jahrhundert v. Chr.. Eine Prägung dieser Stücke wurde sehr intensiv vorgestellt. Sie zeigt auf dem Avers einen Flußgott im Halbprofil und auf dem Revers die anmutige Gestalt einer Nymphe auf einem Schwan in einer ästhetisch perfekten Komposition. Dr. Kreutzer interpretiert die auf der Münze zu findende Signatur nicht als die des EUAINETOS und stellt sich damit in den Gegensatz zu bisherigen Interpretationen. Vieleicht wird dadurch eine Diskussion angeregt. Der Abend klang mit einem kalten Buffet und interessanten numismatischen Gesprächen aus.

Vortrag von Hrn. K. Olbrich, München: „Im Pantheon Constantins des Großen“

Die Sitzung am 23. November 2011 stand wieder im Zeichen der Antike. Herr Konstantin Olbrich, engagierter Sammler und Mitglied des BNG-Vorstandes sprach vor gut vierzig Zuhörern über das Thema „Im Pantheon Constantins des Großen – Kultgeräte zur Versöhnung alter und neuer Staatsgötter“. Constantin der Große gilt landläufig als der erste christliche Kaiser des römischen Imperiums. Christliche Geschichtsschreiber haben dazu manche Legende gewoben. So bleibt der berühmte Ausspruch „In hoc signo vinces“ vor der Schlacht um Rom im Jahre 312 n.Chr. für die Christenheit das Symbol des Anfangs eines neuen Weltzeitalters. Auf den Münzemissionen Constantins läßt sich die rein christliche Glaubensausrichtung dieses Kaisers jedoch nicht eindeutig nachweisen. Zwar erscheinen nach 312 n.Chr. durchaus zunehmend christliche Symbole wie das Christusmonogramm auf seinen Münzen, jedoch sind in der Münztypologie nichtchristliche Brandaltäre und andere Symbole der alten, nichtchristlichen Staatsreligion Roms weiterhin Standard. Dabei ist nicht selten eine Vermischung christlicher Symbole mit denen der alten römischen Staatsreligion auf den Münzen Constantins zu beobachten. Als listenreicher Machtpolitiker ließ Constantin auf seinen Münzen Neues sicherlich erst dann zu, wenn sich keiner mehr daran störte. In diesem Sinne war Constantin eher Bewahrer und Brückenbauer. Vielleicht, so das Resumée von Konstantin Olbrich, ist das der Grund, Constantin I. heute als großen Römer zu interpretieren.

Vortrag von Hrn. Prof. Dr. Hubert Emmerig, Wien: “ Stammlande und Peripherie: Münzgeld im Karolingerreich“

Der bekannte Numismatiker Prof. Dr. Hubert Emmerig vom Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien zog mit seinem Vortrag „Stammlande und Peripherie: Münzgeld im Karolingerreich“ fast fünfzig Zuhörer an. Prominent unter ihnen waren Herr Künker jr. aus Osnabrück und Herr Wittenbrinck, der Schatzmeister der DNG. Unter Hinweis auf Parallelen zum heutigen Euro-Raum schilderte Prof. Emmerig die unmittelbaren Folgen der Münzreform von 793/94. Sie hatte für die anschließenden 100 Jahre ein einheitliches Aussehen der Denare und ein einheitliches Gewicht der Münzen zur Folge. Diese Reform dokumentiert ein starkes Interesse der Karolinger am Geld- und damit Wirtschaftswesen im Reich. Im frühen 9. Jahrh. verfügte Ludwig der Fromme über ca. 50 Münzstätten im Kerngebiet des Reiches. Großfunde von Münzen aus dieser Zeit belegen, dass die dort geprägten Münzen weitläufig umliefen und das Reich als ein Währungsgebiet zu betrachten ist. Die von den fränkischen Königen erlassenen Kapitularien bestätigen die Wichtigkeit des Geldwesens: von ca. 300 Kapitularien befassen sich ca. 30 mit dem Münzwesen, zwei von ihnen ausschließlich. Auch die Verfolgung von Falschmünzern ist ein Thema. Im Langobardenreich wurde die dort übliche goldene Tremissis zunächst übernommen, dann kopiert und ab ca. 785 durch Silberdenare ersetzt. Dieses kluge Vorgehen wurde für einzelne Gebiete sogar noch bewußt verzögert, um Verwerfungen im monetären Gefüge der Randbereiche des Reiches zu verhindern. Im bayerischen und österreichischen Raum existierte bis ins frühe 9. Jahrhundert mit Ausnahme von Wien keine Münzstätte. Die um 820 gegründete Münzstätte in Regensburg produzierte nur marginal. Die in diesen Gebieten nur geringe Geldpräsenz nährte sich mit Prägungen aus Italien und dem Zentrum des Frankenreiches. Nach einigen Ausführungen über die Bedeutung von Münzprivilegien zur damaligen Zeit, resümierte Prof. Emmerig, dass in der Karolingerzeit eine erhebliche Geldpräsenz festzustellen ist. Sie war an wirtschaftlicher Potenz gekoppelt. Die damalige Geldpolitik weist nicht unerhebliche Parallelen zur heutigen Geldpräsenz im Euroraum auf.

Am Sonntag, den 10. Oktober fanden sich 16 Mitglieder zusammen, um im Rahmen der Jahresexkursion die Stadt Augsburg zu besichtigen. Unter Führung von Herrn Ernst Stempfle, dem Vorsitzenden des dortigen Münzvereins, wurde zunächst eine detaillreiche, kurzweilige und interessante Stadtführung durchgeführt, die im Rathaus der Stadt endete. Dort wurde die Gruppe vom Augsburger Bürgermeister Herrn Weber empfangen und mit einer Rede begrüßt. Er umriß die lange Geschichte Augsburgs, diese Stadt ist nach Trier schließlich die zweitälteste Stadt Deutschlands, stellte sich den vielen Fragen im persönlichen Gespräch und erläuterte abschließend den berühmten Goldenen Saal des Rathauses mit seiner prachtvollen Barockdecke. Nach einem Mittagessen gestärkt, wurde die Gruppe nachmittags durch das Maximilianmuseum geführt, das über herausragende Sammlungen verfügt. Ein besonderer Augenmerk wurde natürlich auf die dortige Münzsammlung geworfen. Auch wurde die Gelegenheit genutzt, die im Museum stattfindende Bayerische Landesausstellung 2010 „Bayern – Italien“ zu besichtigen. Der anstrengende, aber lehrreiche und interessante Tag schloß mit einer kurzen Erholung bei Kaffee und Kuchen und der verspätet angetretenen Rückfahrt nach München. Herrn Stempfle sei an dieser Stelle nochmals ein herzlicher Dank für die herausragende organisatorische Vorbereitung des gelungenen Tages und für seine aktive Begleitung ausgesprochen!

Vortrag von Herrn Dr. Markus Peter, Basel:“Die Höhle der Falschmünzer“? Ein Blick in die Unterwelt des 3. Jahrh. n. Chr.

Nicht alltägliche Funde aus einem unterirdischen Gewölbe in der römischen Koloniestadt Augusta Raurica (Augst, Schweiz) werfen Fragen zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des 3. Jahrhunderts auf, insbesondere in numismatischer Hinsicht: Mehrere Tausend Münzgussformen erlauben Einblicke in die provinzielle Geldproduktion. Im Mittelpunkt des Vortrages werden neue Erkenntnisse zur alten Frage nach der Funktion von nachgegossenen Münzen der römischen Kaiserzeit stehen.

Vortrag von Herrn Dr. Walter Grasser, München: „Zum Münchner Münzhandel“. Nirgendwo in Deutschland ist der Münzhandel so konzentriert wie in München, neue, junge Firmen aber auch Handelshäuser die seit Generationen Münzen handeln befinden sich in enger Nachbarschaft und habe manche interessante Geschichte zu erzählen.

Vortrag von Frau Prof. Dr. Linda Maria Günther über „Die Göttinnen und Herrscherinnen auf hellenistischen Münzen“.
sprach Frau Prof. Dr. Linda-Marie Günther von der Ruhruniversität Bochum über „Göttinnen und Herrscherinnen auf hellenistischen Münzen“. Ausgangspunkt war dabei die Frage, inwiefern sich das Verhältnis zwischen einem hellenistischen Monarchen und einer unter seiner Herrschaft stehenden bzw. einer nominell freien Stadt (polis) in der Verwendung eines Bildnisses der Gattin des Machthabers bzw. einer anderen Familienangehörigen spiegelt. In diesem Kontext wurden die Prägungen von Ephesos-Arsinoeia und Smyrna-Eurydikeia verglichen mit denjenigen Emissionen, die direkt von dem Monarchen als dem Prägeherren im Umlauf gebracht wurden, z.B. die Bronzemünzen des Ptolemaios Keraunos mit dem Bildnis der halbverschleierten Arsinoe II.. Ausgangspunkt war aber eine Bronzeprägung der Inselrepublik Rhodos aus der Zeit bald nach dem großen Erdbeben von 228/7, die offenbar die ptolemäische Königin Berenike II. zeigt; allerdings darf hier vermutet werden, dass im Sinne einer internationalen Ambivalenz der verschleierte Frauenkopf auch als Göttin, z.B. Demeter oder Isis interpretiert werden könnte. Ganz ähnlich sind die Darstellungen der syrakusianischen Königin Philistis als Demeter zu interpretieren. Als Vorläufer des Bildtypus eines halbverschleierten Frauenkopfes wurden Prägungen von Pyrrhos in Syrakus, die Phthia-Bronzen und Silbermünzen von Kos um 350 v.Chr. vorgestellt, deren Interpretation indessen nur spekulativ sein kann.

Vortrag von Hadrian Rambach, London über „Die Apollon-Marsyas Gruppe auf Gemmen, Kameen und Medaillen“

Hadrian Hambach, ein in Paris geborener, jetzt in London lebender und seit 2006 selbständiger Kunsthändler hielt am 18.05.2010 einen Vortag über die Apollon-Marsyas-Gruppe auf Gemmen, Kameen und Medaillen. Marsyas, ein phrygischer Silen und Flußgott, Meister im Flötenspiel, forderte Apollon zum Wettstreit heraus, den Apollon jedoch gewann. Dieser schindet Marsyas aufgrund seines Sieges. Diese Szene, die erstmals auf attischen Vasen um 435 v.Chr. geschildert wird, taucht auf einer Gemme, die zwischen ca. 30 v. und 20 n.Chr. in feinster Qualität geschnitten wurde, wieder auf. Sie wurde im 16. Jahrhundert auf einen goldenen Ring montiert, der eine Umschrift eines Aureus des Nero aufweist. Das Kunstwerk wird daher als Siegel des Nero bezeichnet. Die Darstellung der Schindung des Marsyas wurde in der Renaissance von bedeutenden Künstlern als Auftragsarbeiten reicher, italienischer Familien immer wieder als Kameen geschnitten. Sechs solcher Stücke sind heute, verteilt auf bedeutende Museen der Welt, bekannt. Ein weiteres Stück solcher Qualität aus dem 15. Jahrhundert tauchte vor einiger Zeit in London auf. Natürlich gibt dieses Stück anlaß zu Spekulationen bzgl. seiner Provenienz, zumal es offenbar auch auf einem zeitgenössischen Bildnis einer vornehmen Dame erkennbar ist. Eine sichere Zuweisung ist aufgrund fehlender Vergleichsmöglichkeiten jedoch nicht möglich. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts wurden auch viele Plaketten und Medaillen mit dem hier besprochenen Motiv gefertigt. Heute kursieren viele Kopien, die im Laufe der Zeit sowohl von den Gemmen, als auch den Kameen und Medaillen hergestellt wurden. Der Vortrag wurde von zahlreichen Fotografien der besprochenen Objekte begleitet.

Vortrag von Dr. Ulrich Klein, Stuttgart mit dem Titel „Der Münzschatz von Lauchheim und die deutsche Goldguldenprägung im 15. Jahrhundert“

Der Abend des 20.04.2010 strotzte vor Gold. Herr Kiendl erhielt vom Vorsitzenden der Gesellschaft die goldene Bene-Merenti-Medaille für fünfzig Jahre Mitgliedschaft und anschließend referierte Herr Dr. Ulrich Klein, pensionierter Leiter des Münzkabinetts Stuttgart und Mitherausgeber der Süddeutschen Münzkataloge über den Münzschatz von Lauchheim und die deutsche Goldguldenprägung. Anhand von großen Goldguldenfunden wie denen in Marbach, Regensburg oder Lohndorf aber auch den eher kleineren Fund von Lauchheim läßt sich die Entwicklung der Goldguldenprägung in deutschen Gebieten gut nachvollziehen. Die zeitlich früher verborgenen Goldschätze, wie der aus Marbach, enthalten noch deutliche Anteile von nicht in deutschen Gebieten geprägten Goldgulden. Der Siegeszug dieses Münztyps begann schließlich in Florenz mit dem Fiorino d‘ oro in der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die ersten Beischläge trugen noch das Stadtwappen von Florenz, die Lilienblüte und den Stadtheiligen, Johannes d. Täufer. Der Münzherr war nur aufgrund der Legende zu erkennen. Bei der nächsten Entwicklungsstufe wurde die Lilienblüte durch das Wappen des Prägeherrn ersetzt. Schließlich trat an die Stelle des Stadtheiligen von Florenz die Darstellung eines eigenen Heiligen. Seine besondere Bedeutung bekam diese Leitmünze des Spätmittelalters durch die Ende des 14. Jahrhunderts einsetzende Prägung der rheinischen Kurfürsten. Der Fund von Lauchheim, dessen Schlußmünze aus dem Jahre 1436 stammt und der im Februar 2007 bei einer Hausrenovierung entdeckt wurde, spiegelt diese Entwicklung ebenfalls wider. Der 84 Münzen enthaltene Goldschatz setzte sich aus 47 Gulden der rheinischen Kurfürsten, 26 Münzen der Reichsmünzstätten, 6 städtischen Prägungen und 5 Goldgulden weltlicher Herrscher zusammen. Die „Internationalität“ der Münzen war hier nicht mehr gegeben. Numismatisch herausragend war im Lauchheimer Fund ein Goldgulden aus der Münzstätte Wiener Neustadt. Das dritte bekannte Stück dieser Art. Der Vortrag wurde durch herausragende Fotos aus allen Funden illustriert und endete mit einem kurzen Überblick über die weitere Geldgeschichte zum Ende des 15. Jahrhunderts.

Vortrag von Manfred Mehl, Hamburg zu „Magdeburger Pfennige und die Raubzüge der Wikinger“

Der hamburger Autor zahlreicher numismatischer Werke, Herr Manfred Mehl, glänzte am 16. März 2010 mit seinem Vortrag „Magdeburger Pfennige und die Raubzüge der Wickinger“. Nach einer Einführung in die frühe Geschichte Magdeburgs, seiner Gründung und seiner Entwicklung durch mächtige gekrönte Förderer, kam Herr Mehl auf die 965 an Magdeburg verliehenen Münz- und Zollrechte zu sprechen. Die daraus resultierenden Münzen sind bis heute unbekannt. Erst seit 1079 sind Magdeburger Münzen in ihrem Aussehen zuzuordnen. Am bekanntesten sind natürlich die nach Vorbild der Otto-Adelheid-Pfennige geprägten Münzen. Nach Darstellung einiger Münzbilder damaliger Magdeburger Münzen geht der Autor auf die Fundverteilung von Magdeburger Münzen ein. Norddeutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Rußland und Polen zeigen ein dichtes Fundnetz, was dem damaligen Handelsmonopol der Wickinger geschuldet ist. Diese führten nicht nur Raubzüge durch. Sie kannten auch den Handel unter kaufmännischen Gesichtspunkten. Obwohl die Wickinger auch im Westen Europas auftauchten., sind dort keine Funde zu verzeichnen. Der Grund könnte darin liegen, dass dort eigenes Münzgeld geprägt wurde und „fremdes“ Geld in eigenes umgemünzt wurde. Der Vortrag schloß mit Erklärungen von Münzbildern Magdeburgischer Brakteaten.